Kalenderblatt - Februar 2018 und E-Mail-Bericht von Kathrin Wuhrmann

Donnerstag, 1. Februar 2018

Kathrin Wuhrmann, die durch den Inner Wheel Club Frauenfeld finanziell in ihrem «Brunnen-Projekt» unterstützt wird, hat auch für das Jahr 2018 einen «Kenia-Kalender» gestaltet. Sie stellt diesen dem IW Club Frauenfeld für seine Website zur Verfügung. 

Mit viel Liebe zum Detail und einem feinen Gespür für Mensch und Natur sind ihr sehr schöne Bilder gelungen. Sie widerspiegeln aber auch ihre Verbundenheit und Liebe zu diesem afrikanischen Land.

Ihre Gedanken zur Fotoaufnahme:

Das Februar-Bild zeigt eine alte Frau aus dem Westen Kenias

"Mit langsamen Schritten kam sie des Weges. Sie sah alt und erschöpft aus. Es schien, als hätte sie kaum Kraft weiterzugehen. Vor einer Hütte setzte sie sich auf einen Stein und eine junge Frau kam mit einem Leinensack zu ihr. Sie unterhielten sich ein wenig. Nach einer Weile erhob sich die Frau. Mit Hilfe der jungen Bäuerin platzierte sie sich den Sack auf den Kopf, um danach weiterzugehen".

Ich beobachtete diese Situation nachdenklich… Es mag Mais im Sack gewesen sein. Das Grundnahrungsmittel der Kenianer. Der Preis ist während der letzten Monate um fast das Doppelte gestiegen. "Es werde Tränen geben" kommentierten die Medien.

                                       Bildergebnis für Bild Maiskolben aus Kenia


E-Mail von Kathrin Wuhrmann

Liebe Freunde,

das neue Jahr hat angefangen, die Zeit des Rückblicks liegt hinter uns und ich wünsche uns, dass wir es so handhaben, wie beim Autofahren: Der Rückspiegel ist im Vergleich zur grossen Fensterfront sehr klein. Vergessen wir deswegen nie, vorwärts zu blicken... smile. 

* Anlässlich eines Vortrages in einer Schule zum Thema Hunger in Kenia, wollte ich gerne den Schülern zusätzlich noch etwas Schriftliches abgeben. Nun dachte ich, vielleicht interessiert es Euch auch und lege es hier in den Anhang. Es war mir eine Freude, von einer Sekundarschule eingeladen worden zu sein und interessierten, freundlichen jungen Menschen zu begegnen, welche ein Herz und Verständnis zeigen für das Leben an anderen Orten der Welt. Anlässlich eines Projektes, das sie in ihrer Schule durchführten, haben sie mir den hohen Betrag von CHF 400.-- für Kenia in die Hand gegeben.
Gerne werde ich Euch später darüber berichten, was wir mit diesem Geld gemacht haben werden.

* In Bezug zum Thema Hunger in Kenia habe ich heute Morgen in den News gelesen, dass das Grundnahrungsmittel Mais in Kenia seit dem 1.1.18 massiv gestiegen ist. Geschrieben wurde dazu, dass es Tränen geben werde unter der armen Bevölkerung.
Ich denke, dass wahrscheinlich 95% der Kenianer jeden Tag Mais essen. Und wenn das so massiv steigt, wird ihnen das ein einschneidendes, weiteres Problem bringen. Aber sie arrangieren sich. Sie sind ein Volk, das ich - aus meiner Sicht - Stehaufmännchen nenne.

* Mittels "kleinem Rückspiegel", was ja auch ohne weiteres wichtig sein kann, um vorwärts zu fahren, blickte ich im vergangenen Jahr ab und zu auf meine Anzahl Jahre in Kenia. Vor einem Jahr waren es 5 Jahre.
Diese Zahl erinnerte mich an eine Studie, die ich vor vielen Jahren mal hörte bezüglich eines startenden Geschäfts: "Es dauere 5 Jahre, bis ein Geschäft funktioniere".
Diese 5 Jahre seien die grosse Prüfung, ob man durchhalten könne in Geduld und mit einer bestimmten Unsicherheit fertig werde.

Wenn bei meiner Tätigkeit, Ende Dezember 2017, bereits das sechste Jahr verstrichen ist, so erscheint mir diese Studie in meiner Situation tatsächlich was Wahres dran zu haben, wiewohl es bei mir nicht um ein Geschäft geht, sondern darum, wie der armen Bevölkerung in Kenia zu helfen, sodass ein bestimmtes Resultat sichtbar wird.
Es stimmt mich dankbar, und ich spüre insofern eine gewisse Entspannung, dass ich mich nicht mehr wie in einem Urwald empfinde, wo ich zuerst mal schauen muss, ob es einen Weg hat, wenn nicht, wie einen Weg rausschlagen... Dies, dünkt mich, sei zumindest in gewissen Bereichen erreicht.
Und dies stimmt mich sehr dankbar dafür, dass...
1. dass ich durchhalten konnte, und immer wieder Unterstützung und Ermutigung aus der Schweiz erfuhr, aber auch Widerständen nicht so viel Gehör schenkte, dass ich je ans Aufhören gedacht hätte
2. dass ich inzwischen Menschen fand in Kenia, die mitziehen, nicht hinter mir her, sondern mit mir und dies bedeutet, dass wir miteinander mehr erreichen, als ich allein.
3. dass ich bei meinem inneren Herzensanliegen dran blieb, mit ungeschulten, armen Menschen zu arbeiten und nicht jemanden reinzuholen, der zwar mehr weiss, aber die Ungeschulten dann wiederum auf der Strecke bleiben würden. Denn die Kenianer haben eine "sklavische" Art. D.h., sie kämpfen nicht stark, sondern bleiben in der Position, dass sie halt nicht so viel wissen und im Schatten desjenigen laufen, der geschult ist und diesem dann zudienen. Dieser wiederum strebt nicht darnach, solche Leute weiterzubringen. Mir war es jedoch ein grosses Anliegen, dass die Menschen selber aus ihrem Schattendasein (z.B. Minderwert, oder Dauerarmut) rausfinden und in einem gesunden Selbstbewusstsein ihr Leben zu meistern lernen. Da sehe ich nun erste Früchte, was mich sehr freut.
Und wenn ich hier Frucht schreibe, so spricht die Aussage für sich selber: Eine Frucht sieht man nie in dem Moment, wo man einen unscheinbar kleinen Baum setzt.
Aber OB dieser Baum je mal Früchte tragen wird, weiss ja keiner mit Sicherheit.
Darum haben es eben Jungerunternehmer oder wer immer was startet, nicht sehr einfach.
-Dies für sich selber nicht, weil man sich hinterfrägt, zu früh nach Frucht sucht, findet man diese nicht, ist man entmutigt.
-Und dies für die Umgebung nicht, weil sie nicht sehr ernst genommen werden können oder man erst mal zuwartet und beobachtet, dies in einer gewissen Distanz.
Es war mir immer klar, dass das einfach so ist und sogar seinen seinen wichtigen Sinn hat:
Es ist die Zeit der Bildung eines starken Fundaments.
4. dass wir inzwischen mehr oder weniger wissen, was unser gemeinsames Anliegen geworden ist: Wir wollen den Kleinfamilien helfen. In all den 6 vergangenen Jahren, habe ich, trotz Suchen, keine einzige Organisation gefunden, die das macht. Hingegen werden Schulen, Spitäler und Waisenhäuser usw. gebaut. Da ist das Bedürfnis eigentlich ziemlich gestillt.
Aber warum schaut denn niemand zu den Familien?? Das war oft meine sehr erstaunte Frage. Ich begann festzustellen, dass man das auch nicht so einfach zu sehen bekommt. Wenn man einen Kenianer fragt: "How are you?" Dann sagt er "I am fine". Warum sagt ihr, es geht Euch gut, wenn es gar nicht stimmt? War mit der Zeit meine erstaunte Frage: Warum soll ich sagen, wie es mir geht, der andere kann mir nicht helfen, ist die Antwort.
Hinzukommend ängstigen sich die Touristen, zu den Dörfern zu gehen, um die Menschen zu besuchen.
Zudem: Die Kenianer lügen oft, WEM kann man nun glauben? WAS ist wahr? Dies alles braucht ZEIT, Beobachtung.
Denn: In der Realität sieht es oft so aus:
Der Mann ist arbeitslos, die Mutter krank, das Hausdach ist kaputt, es regnet auf's Bett, die Matratze wird nass, die Menschen deswegen krank, oder aber es gibt gar kein Bett, kein Moskitonetz. Das Kind wird von der Schule heimgeschickt, mangels Schulgeldbezahlung oder weil es keine Schuhe hat zur Uniform oder weil die Bücher nicht bezahlt sind, die Frauen schleppen das Wasser von weither, stundenlang pro Tag, das Wasser ist unsauber, Toiletten sind nicht vorhanden, man geht in den Busch, die Schlangen sind eine Gefahr. Oder dann ist einfach KEIN Essen vorhanden, die Menschen hungern an einem Tag, am nächsten vielleicht bringt der Vater was heim, vielleicht, vielleicht nicht.
Unser Endziel ist die Hilfe zur.... endlichen Selbsthilfe. bei denjenigen die dies erreichten, ist unsere Arbeit getan, was bleibt ist die Weiterbetreuung, dass auch sie diese sog. 5 Jahre durchstehen können.
5. dass inzwischen eine etwas grössere Anzahl Menschen in der Schweiz von unserer Arbeit in Kenia wissen und es uns immer wieder eine Ermutigung wird, wenn eine Spende zu uns gelangt. Dies motiviert enorm und ich habe mich inzwischen auch diesbezüglich besser organisieren können, indem wir mit jeder einzelnen Spende wissen, was wir tun wollen und es auch dem Spender dokumentieren.
6. dass wenige Freunde aus der Schweiz in der Vergangenheit die Idee hatten, hier und dort mal einen Marktstand zu machen, wo wir Menschen aus der Schweiz auf unser Anliegen aufmerksam machen konnten.
7. Die Liste könnte hier sicher noch weitergehen. Aber ich schreibe Euch ja immer ein Rundmail...

* in meinen letzten Monaten in Kenia, wo ich immer wieder Familien arbeitslos vorfand und die Ideen fehlten, WAS zu arbeiten und WO überhaupt angestellt zu werden, kam die Idee, ich könnte im grossen Stil Secondhand-Kleider aus der Schweiz runtersenden. Europäische Kleider sind dort der Qualität wegen sehr beliebt. Und man könnte Shops eröffnen, um diese Secondhandkleider günstig zu verkaufen. Mit einem doppelten Sinn: Menschen kämen günstig zu guten Kleidern, und Familien hätten eine Einnahmequelle.
Ich wollte das eigentlich in meiner jetzigen Schweizzeit angehen, aber ich blieb stecken bei Formalitäten. Zuerst braucht es einige Papiere von der Kenianischen Behörde, wie meine Freunde bereits erkundeten. Es verbleibt, dass es meine persönliche Unterschrift braucht.
Dann könnte ich hier in der Schweiz weitersuchen, wobei ich hier auch bereits eine Organisation fand, die glaub ich sehr günstig Kleider in Drittweltländer senden kann.
Sobald ich mehr weiss, werde ich Euch dann gerne bitten, ob jemand von Euch Secondhandkleider nach Kenia geben möchte.
Nur, ich bitte Euch, diese mir jetzt noch nicht zu bringen, da ich keinen Platz für die Lagerung habe.

* Hingegen würde ich für meine nächste Reise nach Kenia gerne fragen, ob jemand folgendes daheim liegen hat und es nicht mehr braucht:
- Portemonnaie, - Kugelschreiber, - Taschenlampe (Solar wäre auch sehr gut), - Sackmesser, - Laptop, welche sehr gefragt sind, - Spielsachen (im Gewicht nicht schwer!), - evt. anderes ähnliches, alles möglich im Gewicht leicht.
Ich wäre froh, diese Dinge bis spätestens in zwei Wochen erhalten zu haben (18.Januar).

* Als letztes meine immer mal wiederkehrende Frage an Sie/Dich, ob Sie/Du immer noch interessiert sind/bist an meinen Rundmails?
Es spielt mir ja bezüglich Arbeitsaufwand keine Rolle, wie gross die Anzahl ist, um ein Mail zu versenden, aber es fühlt sich für mich persönlich nicht gut an, nicht sicher zu sein, ob ich wohl jemanden belaste mit meinen Mails oder lediglich jemandem die Mailbox unnötig fülle. Darum täte mir ein Echo manchmal gut, um festzustellen, was Sie/Du denken. Wenn es also jemand nicht mehr möchte, bitte ich sehr herzlich um eine kurze Rückmeldung. Vielen Dank.

Nun wurde mein Mail länger, als gedacht... wie immer bei mir! Sorry für so viele Worte!

Es verbleibt mir, Sie/Dich ganz herzlich zu grüssen und eine schöne Zeit zu wünschen!

Kathrin Wuhrmann